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Interkulturelle Bildung

Die Welt rückt näher zueinander: Telefon, Internet und Flugzeug reduzieren Entfernungen, Unternehmen werden zu „Global Playern“ und doch werden kulturelle und gesellschaftliche Unterschiede dadurch nicht aufgehoben. Im Gegenteil: Kulturelle Identität gewinnt an Bedeutung und die Notwendigkeit, andere Länder und Kulturen zu kennen und zu verstehen, wächst.    

Benimm-Kurse sind hoch im Kurs

Jede Gesellschaft hat Normen und Regeln. Sie legen nicht nur fest, was erlaubt und was verboten ist, sondern regeln auch den Umgang miteinander. Wer sich „zu benehmen“ weiß, kann sicherer Auftreten und vermeidet so manches Erstaunen, Missverständnisse oder Verletzungen bei seinem Gegenüber. Dabei geht es nicht nur um Höflichkeit, Begrüßungsrituale oder das Bewältigen eines 4-Gänge-Menüs mit seiner Chefin, sondern darum, andere Menschen nicht in ihren Empfindungen zu verletzen, ihnen tolerant und respektvoll gegenüber zu treten.  

Ein Benimm-Kurs kann sicher hilfreich sein, aber eigentlich lernt man diese Dinge ganz nebenbei in der Familie, im Miteinander im Kindergarten, in der Schule, mit Freunden, auf der Straße. Die Tatsache, dass Benimm-Kurse derzeit so hoch im Kurs liegen, decken nicht nur fehlende Kenntnisse der Kursteilnehmer auf, sondern sind eher ein Armutszeugnis für unsere Gesellschaft, die es – wie es scheint – nicht mehr schafft, ihre Werte und Verhaltensregeln von einer Generation an die nächste weiterzugeben.    

Lauter Fettnäpfchen

Diese von unserem gesellschaftlichen Umfeld vermittelten Normen können in anderen Ländern und Kultur ganz anders sein. In einem Land, dessen Bevölkerung sich größtenteils dem Islam zugehörig fühlt, wird es oft als anstößig empfunden, wenn ein Liebespaar Hand in Hand durch die Straßen geht oder sich in der Öffentlichkeit küsst. Wer in den USA in einem Restaurant essen möchte, steuert nicht gleichen einen freien Tisch an, sondern wartet kurz am Eingang, bis der Kellner den Gast auffordert, ihm zu folgen. Und während Händeschütteln bei uns zum guten Ton gehört, fühlen sich Japaner bestenfalls irritiert, meist aber abgestoßen.  

Diese „anderen“ Verhaltensweisen lernt man nicht nebenbei, denn sie sind bei uns ja nicht gebräuchlich. Damit das Zusammenleben über kulturelle Unterschiede hinweg gut funktioniert, muss interkulturelle Bildung, interkulturelles Lernen stattfinden.    

Wissen statt Vorurteile

Italiener kommen grundsätzlich zu spät, Amis sind prüde, die Deutschen überkorrekt, Spanier fallen durch ihre Lautstärke auf, Thailänderinnen lachen immer, selbst wenn sie dich nicht mögen. Dieser Liste kann wohl jeder noch das eine oder andere Klischee hinzufügen. Wie die Amerikaner oder Thailänderinnen aber wirklich sind, erfährt man erst, wenn man sich mit ihnen, ihrem Land und ihrer Kultur beschäftigt. Das setzt voraus, dass man den anderen offen gegenüber tritt, Unbekanntes und vielleicht erst einmal sogar Unverständliches zulässt, akzeptiert und mit Toleranz und Einfühlungsvermögen begegnet.  

Das heißt allerdings nicht, dass „kultureller Unterschied“ ein Freibrief für alles ist. So kämpfen weltweit seit Jahren Frauen- und Menschenrechtsorganisationen gegen die Praxis der rituellen Beschneidung im westlichen und nordöstlichen Afrika und vereinzelt in asiatischen Ländern oder gegen die Zwangsverheiratung. Der Streit um das Kopftuch ist dagegen schon komplizierter. Für die einen ist es ein Symbol für die Unterdrückung der Frau im Islam, für die anderen ein religiöses Bekenntnis wie das Kreuz oder der rote Punkt auf der Stirn von Hindus.